We are all AmericansSarsaparillas poetisches Universum

Bild: Sarsaparilla (Alle Rechte vorbehalten)

Inhale while looking up through the brow: I AM resonating with the Creative Heart-Mind of the Living Universe. Exhale and smile: I AM the Creative Heart-Mind of the Living Universe.

Wer diesen Tipp zum universellen Zeitvertreib (especially on the U-bahn or in an airplane or a bathtub…) in letzter Zeit in seinem E-Mail Postfach gefunden hat, hatte Glück. Wer nicht, der ist nicht in Brandon Millers freundlichem Mail-Verteiler (Dear fellow earthlings…) und muss deshalb in der Zeitung oder durch die unerfindlichen Kräfte von Zufall und Gelegenheit von den Konzerten seines musikalischen Projekts Sarsaparilla erfahren. Die Veröffentlichung des fünften Albums ist für die nähere Zukunft geplant. Zuletzt gab es unter dem Titel „Everyone here seems so familiar“ einen Mix aus den vorherigen CDs des US-Amerikaners und Wahlberliners: „Yardsale“, „A hike unlike“ und „Ebb“. Ein Rückblick.

„Everyone here…“ klingt wie der Moment am Morgen, bevor man die Zeitung aufschlägt und das Fenster aufmacht. Der, den man gerne noch ein bisschen hinaus zögern möchte, damit die feindliche Welt draußen bleibt. Einatmen. Ausatmen. Wenn jetzt der Eröffnungstrack „Hunt“ im Radio laufen würde, dann sähe diese Welt gleich ganz anders aus. Sarsaparilla schwören darin die Hörerschaft auf ihr kleines poetisches Universum ein. Sanft aber eindringlich singt Miller von Lachsen, die zwischen Kanada und den USA durch die Flüsse jagen und man lässt sich nur zu gerne mitspülen. Die musikalischen Arragements erarbeitet er mit Nikola Jeremic (Mix, Piano, Chaos Pad) und Joe Smith (Percussion), die auch mit ihm auftreten. Musikalische Gäste sind Damir Bacikin (Trompete) und Martha Rose (Violine).

Man denkt an die großen und kleinen Singer und Songschreiber, in deren Tradition Miller zwischen Folk-Rock und Pop singend siniert. An Neil Young oder Leonard Cohen, trauriger an Damien Rice, zorniger an Bright Eyes. Und  man denkt an das Amerika, das in der Zeitung steht, Millers Heimatland. Yes, we can? Während Barack Obama Yard für Yard die verspielten Sympathien der Welt für sein Land zurück lächelt, spielt das Sarsaparilla-Radio konsequent so macht-ferne (und manchmal ein bisschen weltfremde) Balladen wie „Photographer“ („Ebb“) und das zauberhaft getragene „Haystack“. Miller zuckt in seinen Texten, mal traurig, mal verträumt, aber immer poetisch die Achseln zum Spiel der Mächtigen und singt von einer besseren Welt.

Es geht nicht um die Geschicke, die die Welt bestimmen, sondern um die kleinen Dinge, die die Welt sind. Besungen wird der Flug des Pelikans ebenso wie die Schlangen am See, Wälder und Wind… Die Lachse (siehe oben) erfreuen das Songschreiberherz, so scheint es, nicht in erster Linie, weil sie gegen den Strom schwimmen oder mühelos da abtauchen, wo Menschen an einer Grenze Nationen gegründet haben. Sondern erst einmal: einfach weil es sie gibt. Deshalb hat man auch nicht den Eindruck, Kitsch und Plattitüden zu lauschen, sondern so etwas wie dem Klang der Ehrlichkeit.

Selbst in tendenziell politischeren Songs wie „We’re al Americans“ („Ebb“), spielen weniger Zorn und Wut mit, als viel mehr das ganze perplexe Unverständnis des guten Menschen im Angesicht von Macht und Gewalt. Die Stadt-Ballade „Pyramid“ (Everyone here…“) klingt fast bedrohlich – unüberhörbar die Sehnsucht nach einer längst verlorenen (oder noch nie erreichten?) Idylle.

Die Kunde von seiner besseren Welt geht Miller ganz leicht von den Lippen. Er sieht sie klar, weil es die ist, die vor ihm liegt, einfach aus einer etwas anderen Perspektive betrachtet. Vielleicht lohnt es sich eben doch, das Fenster zu öffnen und diese Welt reinzulassen. Die unsägliche Traurigkeit, die dennoch in seinen Liedern klingt, lässt den Zuhörer auf ein Universum hoffen, in dem solche Klarheit nicht als Naivität verhallt. Yes, we can.

Das nächste Mal ist Sarsaparilla live zu sehen am 4. September beim RAW Flohmarkt in Berlin, am 22. September beim Hamburger Reeperbahn Festival und am 4. Dezember im Berliner Café Hilde.

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