Warum glänzen Jazz-Musiker eigentlich immer so? Oder sieht es für Uneingeweihte nur so aus, weil sie an das dunkelrote Licht in Jazz-Bars nicht gewöhnt sind? Strahlende Erscheinungen auf der Bühne, die poliertes Holz im Arm und funkelndes Blech an die Lippen halten. Und sobald sie mit diesen Prothesen, die die Körper irgendwie erst vervollständigen, Klang erzeugen, geht so ein Schimmer durch den Raum. „You complete me, completely…“ – dieses Stück des Folk-Tassignon Quartet wurde zwar für eine Hochzeit geschrieben, könnte aber auch eine Liebeserklärung der Musikerinnen an ihr Werkzeug sein. Zu hören waren Tassignon (Sophie) und Folk (Susanne) jetzt im Berliner Jazz-Glanz-Paradeladen B-Flat.
Gemeinsam mit Andreas Waelti am Kontrabass und Lothar Ohlmeier an der Bassklarinette werden die beiden zum Quartett. Mit Tassignons Stimme, Folks Klarinette und Altsaxophon klingen sie allerdings fast schon wie ein kleines Orchester. Ganz viele und doch nur vier (+ Glanz). Ein bisschen musical-esk muten die Arrangements an – große Gesten, überraschte Gesichter, mittel-waghalsige Sprünge und Schläge. Irgendwo zwischen modernem Vocal-Jazz und Folk hat das Quartett Träumerisch-Trauriges im Angebot („Dancing on the Rim“), aber auch lustige Melodien („When your Illusions die“) und anspruchsvolle Gänsehaut („No One“).
Während Waelti seinen Bass auch schon mal für eine kleine Percussion-Einlagen benutzt und die BläserInnen melodiös Ringelpiez mit Anfassen spielen, ist Tassignons Stimme am aufregendsten, wenn sie nicht von vorformulierten Worten abgelenkt wird. Wie die Kollegen mit ihren externen Instrumenten schöpft sie dann in den Soli aus dem Vollen, hickst, murmelt, kichert und erinnert an ihre experimentelleren Projekte. Das heißt aber nicht, dass die lakonisch-poetischen Lyrics keinen Spaß machen würden. Texte und Arrangements stammen aus den Federn der beiden Frontfrauen. Da kann auch schon mal das eine oder andere nicht ganz ernst gemeinte kannibalistische Szenario heraufbeschworen werden – mit Tassignons Stimme klingt es immer noch glockenhell.
Worte und Klänge ergänzen einander zwischen hell und dunkel, tanzend und schwingend, lustvoll, lustig und verheult, sanft und (selten) schrill. Eben: glänzend.
Am 24. März ist das Folk-Tassignon Quartet im Bamberger Jazz Club zu hören. In Berlin gibt es davor Sophie Tassignon in verschiedenen anderen Konstellationen, zum Beispiel mit Charlotte und Mr. Stone oder Peter van Huffel. Termin hier.