10 spannende Reiseziele, die einfacher zu erreichen sind, als sie glaubenEin Fluchtversuch im Theaterdiscounter

Bühnenfoto, links und rechts außen die sitzenden Darsteller

Es ist kein Theaterstück angekündigt, sondern ein „Vortrag mit Tonbeispielen.“ Beim Betreten des Saales fallen dann eher klassische Utensilien ins Auge: Diaprojektor und Leinwand, dazu ein Klavier. Und dazwischen Falk Rößler und Jost von Harleßem, die noch tuschelnd irgendwelche Vorbereitungen treffen.

Der multimediale Reisebericht mit Headset und großer Geste wird – wir ahnen es – hier nur kurz zitiert und dann ordentlich fragmentiert. Der Soundtrack fällt gelangweilt der Vorspultaste zum Opfer: Es geht hier auch um die mediale Verfügbarkeit und Aufbereitung von Erinnerungen. Das Headset landet später im Inneren einer Getränkedose, die als alternatives spannendes Reiseziel von den Bühnenreisenden auf ihre exotischen Klangmöglichkeiten untersucht wird. Mit einer fetten Schicht von Effekten, versteht sich, denn mit Hall und Verzerrung macht die Sache mehr Eindruck.

Wir befinden uns „innen“, nicht nur in einem Theatersaal, sondern im Privaten, wie einige auf der Bühne und in den Sitzreihen verteilte Wohnzimmerlampen unterstreichen. Das Stück ist „ein Fluchtversuch nach Artikel 13″, wohl bezogen auf das Grundgesetz: Artikel 13 – Unverletzlichkeit der Wohnung. Und so steht den ganzen Abend die Frage im Raum, woraus Reisen denn noch bestehen kann, wenn doch der Entdecker mangels weißer Flecken auf der Landkarte keine Chance mehr hat. Sollen wir trotzdem fahren? Und dieses Mal bessere Fotos machen? Oder reichen die Fotos der Anderen schon aus und machen uns die Welt sowieso verfügbar? Auf Google Earth? Können wir zu Hause bleiben? Doch selbst im kleinen Bühnenraum muss manchmal noch von einer Ecke in die andere telefoniert werden, um sich zu verständigen.

Rößler, von Harleßem und Dramaturgin Michaela Stolte verhandeln in 45 Minuten alte und neue Aspekte des medial vermittelten Reisens, während das Publikum, durch die Ausgabe von Rotwein kultiviert, sich seinerseits angenehm unterhalten fühlt. Am Ende bleibt die Leinwand leer und die Schauspieler nehmen ihren Koffer. Aber im „draußen“ ist dann Schluss. Applaus.

Letzte Vorstellung mit Publikumsgespräch: Sonntag, 25.09.2011 im Theaterdiscounter Berlin

Hörprobe aus dem Stück als MP3 oder OGG Vorbis (2:10min)

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