Nam Jun Paiks Installation „TV-Buddha“, bestehend aus einem Fernsehmonitor und einer Buddha-Figur, die einander gegenüber aufgebaut sind, war nach ihrer Entstehung in verschiedenen Ausstellungskontexten zu sehen. Der Verschleiß des Fernsehers stellte die Kuratoren dabei nach einigen Jahren Dauerbetrieb vor ein Problem, das sie auf unterschiedliche Weise lösten. Zunächst wurde der alte Monitor, als er nicht mehr funktionierte, gegen einen neuen, zeitgenössischen ausgetauscht, sodass die Installation mit Farb- statt mit Schwarz-Weiß-Bild lief. Dann hatte jemand genügend Geld, den ursprünglichen Monitor zu reparieren und die Installation in den alten Zustand zurück zu versetzen. Schließlich wurde der Monitor, nachdem er bei einer Ausstellung gestohlen wurde, durch eine Nachbildung ersetzt, die allerdings nicht mehr sendete und mehr eine Skulptur als ein Gerät war. All diese Problemlösungsstrategien wurden jeweils dem Künstler vorgeschlagen, als er noch lebte, und zu jeder gab er seine Zustimmung. Es sei nicht um den speziellen Fernseher gegangen, sondern mehr um die Ready-Made-Geste, für die er stand.
Diese restauratorische Anekdote gab Cecile Dazord von der Abteilung für Forschung und Restauration der Musées de France zum Besten, als sie den Eröffnungsvortrag zur neunten internationalen MAGIS Spring School in Gorizia, Italien hielt. In dem kleinen Ort an der italienisch-slowenischen Grenze treffen sich Jahr für Jahr Studierende, Doktoranden und arrivierte Wissenschaftler aus ganz Europa, Nord- und Südamerika, um eine Woche lang gemeinsam rund um das Thema Film zu forschen und zu diskutieren. 2011 lautet das Thema „The Archive“. „Cinema and Contemporary Visual Art“ ist Dazords Schwerpunktgebiet. Ihr Eröffnungsvortrag war ein Ausblick in die Herausforderungen, die die zeitgenössische Kunst ihren Archivaren und Restauratoren aufgibt. Daneben gibt es die Bereiche „Film Heritage“, „Post-Cinema: Videogame/Animation/Comic“ und „Cartography of Pornographic Audiovisuals“.
Noch bis zum 14. April wird in den Sektionen gearbeitet. Die Fragestellungen in den verschiedenen Sektionen bieten eine breit angelegte Sicht auf das Archiv-Thema. So fragt die Sektion „Cinema and Visual Art“ nach einem Erinnern des Zeitgenössischen, das durch Künstler und ihre Produktionen entsteht. Im Bereich des „Post-cinema“ steht in der Videospiel-Sektion die Frage nach der Praxis des Spielens und ihr bewahrerisches Potential im Vordergrund, während die Comic-Experten sich verändernde Formate bei der Neu-Herausgabe älterer Comic-Bücher erkunden. Das Film-Erbe wird in den Bereichen des digitalen Archivs (beispielsweise YouTube) und des Festivals als Ort für historische Filme erforscht. Und die Porn Studies Sektion geht der Migration beziehungsweise Kolonisation der Pornografie in andere kulturelle Bereiche nach, um dabei zu einer Kartographie des Pornografischen zu gelangen, die sowohl territoriale als auch linguistisch analytische Nuancen des Begriffs abdeckt.
Gastgeber der Spring School ist die Universität Udine mit ihren Partnern, darunter die Ruhr Uni Bochum, die Universität Paris 3 und CineGraph Hamburg.