Gleich beim Eintreten in die Galerie Box 32 muss sich der Besucher zunächst dem durchdringendem Blick des tiefschwarzen Auges einer Kreatur stellen. Die übergroßen Detaildarstellungen geben die Identität der fast bedrohlich wirkenden Wesen, die Swanski mit seinen Close-ups geschaffen hat, nicht preis, doch die Furchen, Formen und Strukturen entführen zu einer Reise in die tiefsten Unterwasserwelten oder die Höhen der Lüfte.
In einer Kombination aus Live-Malerei und (interaktiver) Ausstellung soll jede Station des Flying Bazaars zum besonderen Event werden, dessen Höhepunkt die live bemalten photo stands darstellen, welche dem Publikum ermöglichen, die Perspektive der Kreaturen zu erhaschen und zurück zu starren. Während die Geschöpfe der Close-up- Serie eher White Cube-typisch auf Leinwänden präsentiert werden, laden die photo stands, die ihre Inspiration in den Fotowänden früherer Jahrmärkte erfuhren, den Besucher zur unterhaltsamen Interaktion ein.
Indem der Besucher mit seinem Kopf durch das Loch einer der Fotowände blickt wird er Teil der Show und verwandelt das Mischwesen durch seine eigene persönliche Mimik, wobei jedes Gesicht das Werk selber in unendliche Variationen erweitert. Swanski möchte ein Wechselspiel des gegenseitigen Beeinflussens zwischen Kunst und Betrachter evozieren: „The people in the gallery are affected by the art and the art is influenced and changed by the people, creating a circle of infinite variety and unexpected results. The artist merely sets the stage; the gallery viewers must finish the artistic process.“ In wie weit ihm das gelingt oder sich die Verschmelzung und Interaktion eher auf dem Unterhaltungsniveau der Symbiose mit der Fotowand von Cinderella in Disneyland beläuft, sei in den Raum gestellt, doch gelingt es dem Künstler das Publikum zu aktivieren und aus der starren Rolle des Beobachters im Ausstellungskontext zu emanzipieren, um ihn das ewige work in progress Kunstwerk kurzweilig komplettieren zu lassen.
Indem er auf wenige Farben reduziert fast stencil-artig mit schwarzen, intensiven Kontrastierungen und Konturen arbeitet, setzt Swanski mit den photo stands seine Close-ups Serie stilistisch fort. In seiner sehr grafischen Arbeitsweise abstrahiert der Künstler auf der einen Seite, auf der anderen zoomt er in Close-ups bis aufs Äußerste an seine Objekte heran, sodass man die Federn des an einen riesigen Adlers erinnernden Geschöpfs fast fühlen, gar riechen kann und Federn und Poren, Haut und Haare befremdlich und bedrohlich erscheinen und zu Fangarmen, Tentakeln oder Stacheln werden. Während das Gesicht des interagierenden Besuchers bei einigen Wänden zur Visage einer Chimäre aus Mensch und (Fantasie-) Tier wird, findet es sich in anderen in einem überdimensionalen Schnabel, als Saugnapf einer Tentakel oder als Zentrum eines ergreifenden Strudels aus Federn und Sehnen wieder. Die Fotowände sind Unikate und aus einfachem Pressholz, dessen Struktur die Malerei auf eine weitere Ebene erweitert.
Nach der Eröffnung in der Berliner Galerie Galerie Box 32, wo die Ausstellung vom 7. bis zum 16. Juli zu sehen zu sehen ist, tourt Swanski’s Flying Bazaar durch Deutschland und wird u.a. im Stuttgarter Skateboarding Museum, aber auch in der Schweiz und Österreich zu sehen sein. Die kürzlich gefallene Titulierung als Polens bedeutendster Street-Artist stimmte Swanski a.k.a. Pawel Kozlowski weniger glücklich, da er sich selber diesem nicht gerecht werden sieht. Zwar startete er seinen künstlerischen Werdegang mit Graffitis auf den Straßen Polens, doch ist er längst erfolgreich in der Werbebranche unterwegs und kreiert Animationen für große Namen wie Nike, MTV und andere. Der gebürtige Pole gründete das Design- und Illustrationsstudio Swanarts sowie die kunst-inspirierte Fashion Company Turbokolor.
Der Galerist Till Samer verlässt mit dem Flying Bazaar sein eigentliches kuratorisches Konzept der Galerie Box 32, wo er sonst ausschließlich Fotografie und Digital Art ausstellt. In einer Verbindung aus Ausstellungsraum und Shop zeigt er seit vier Jahren Werke und Entwürfe von Künstlern, deren Schaffen er zum Teil in einem von ihm entwickeltem digitalen Stoffdruckverfahren realisiert. Der Deutschlandtournee-Start des Flying Bazaar ist ein gelungenes Experiment des Galeristen, bei dem sich die knalligen Illustrationen von Martin Krusche (YACKFOU) im hinteren Teil der Galerie wunderbar zu den wahnsinnigen wie auch auf gewisse Weise komischen Geschöpfen Swanskis gesellen.